
Am 13. März 2025 hatten wir als Geschichtsleistungskurs die Ehre, im Zuge der Unterrichtsreihe „Geteiltes Deutschland und die Wiedervereinigung“ einem Zeitzeugen aus der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zuhören zu dürfen.
Sieghard Heyer, der sich in der „Vereini-gung der Opfer des Stalinismus NRW e.V.“ engagiert, leitete seine Erzählung mit dem Hinweis: „Nicht die Geschichte der DDR, sondern meine Geschichte in der DDR”, ein und schilderte somit seine persönlichen Erfahrungen aus Kindheit und Jugend in der DDR.
Schon früh sei Herr Heyer mit dem poli-tischen System der DDR konfrontiert worden, sein Vater habe stets in den Westen gewollt, während seine Mutter im sozialistischen System verankert gewesen sei. Mit 12 Jahren sei er für das Ringer-Leistungssportzentrum in Jena entdeckt worden. Das Ringen habe fortan sein ganzes Leben beeinflusst. Für ihn habe der Leistungssport einerseits der erste Schritt in das Erwachsensein bedeutet, andererseits ein Leben, welches stark von der DDR-Ideologie geprägt gewesen sei. Herr Heyer erzählte von dem fortwährenden Misstrauen innerhalb der Gesellschaft, welches durch die Bespitzelungen und Verhaftungen der Stasi hervorgerufen worden sei. Besonders Spitzensportlerinnen und Spitzensportler seien permanent überwacht worden, auch wenn sie es häufig nicht direkt bemerkt hätten. So kam Herr Heyer auf seinen ehemals besten Sportkameraden und Freund zu sprechen, dem er vertraut habe, der ihn jedoch als „In-offizieller Mitarbeiter“ der Stasi immer bespitzelt habe. Heute habe er keinen Kontakt mehr zu ihm. Auch im Sport habe er festgestellen müssen, dass politische Loyalität ausschlaggebend für eine gute Karriere sei. Wir hörten jedoch auch von den Vorteilen, welche den Sportlerinnen und Sportlern gewährt worden seien, wie zum Beispiel Unterrichtsbefreiungen von der Schule und später ein sehr gutes Gehalt, welches aufgrund der mangelnden Wirtschaft aber nicht ausgegeben hätte werden können. Mehrfach bestätigte Herr Heyer auch, es habe ihm nie an etwas gefehlt.
Vielleicht aufgrund seiner väterlichen Prägung sei allerdings bis 1983 in ihm der Wunsch gewachsen, die DDR zu verlassen, woraufhin er einen Ausreiseantrag gestellt habe. Von nun an sei er nicht mehr für das System tragbar gewesen: Nach für uns heute harmlosen, teilweise ironischen Bemerkungen zum politischen System habe man ihn aus dem Leistungssport geworfen und wenig später verhaftet. Danach habe er insgesamt knapp vier Monate in Haft ver-bracht. Herr Heyer schilderte uns ein-drücklich von Misshandlungen und Zermürbung: So sei er in einer stock-dunklen „Wasserzelle“ angekettet worden, wo das Wasser fußtief gestanden habe und aufgrund der Dunkelheit die dort schwimmenden Fische nicht hätten erkannt werden können. Zudem habe ein permanentes Tropfgeräusch die Gefangenen mental zerstören sollen. Nach ein paar Wochen sei er nach Bitterfeld in ein Arbeitslager verlegt worden. Dank seiner Cousins in der BRD sei es ihm mit viel Glück gelungen, dass er auf einer zwischen der DDR und BRD ausgehandelten Ausreiseliste gestanden habe und in den Westen gehen durfte. Warum gerade ihm diese Möglichkeit gegeben wurde, sei ihm bis heute unklar.
Die Fragerunde, die von dem begleitenden Koordinator der Vereinigung, Dr. Hoffmann von der Ruhr-Universität Bochum, geleitet wurde, zeigte, wie sehr uns das Thema beeindruckt. So wurde z.B. die Frage gestellt, ob Herr Heyer denn etwas an seinem ehemaligen Leben in der DDR heute hier in der BRD vermisse. Darauf antwortete er mit dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Vorteilen der sozialen Einrichtungen, wie beispielsweise den zugesicherten Kita-Plätzen und billigem Wohnraum für alle.
Dank seiner vielfältigen Erzählung, wurde uns ermöglicht, einen differenzierten Einblick in das Leben eines DDR-Sportlers hineinwerfen zu können. Für unseren Kurs war der Besuch des Zeit-zeugen Sieghard Heyer also eine sehr interessante und lehrreiche Erfahrung.
Text: M. Vilents (Q2), Noe
Foto: Noe